Heute gibt es ein Interview auf das sich bestimmt schon viele freuen.
Ulrike Schweikert hat mir einige Fragen beantwortet, worüber ich mich
sehr freue. Ich wünsche allen viel Spaß!
1.Sie sind schon viele Jahre als Autorin aktiv und haben
unzählige Bücher veröffentlicht. Was ist für Sie der aufwendigste Part
während der Entstehung eines neuen Romans – mal ganz abgesehen vom
Schreiben. Das Erstellen des Entwurfs oder die Recherche?
Die Recherche ist für jeden meiner Romane ein ganz wichtiger Teil
und sehr zeitaufwändig. Je nachdem, um was für einen Roman es sich
handelt, kann dies den größten Teil der Arbeitszeit ausmachen. Für ein
neues historisches Thema nehme ich mir ein halbes Jahr rein für die
Recherche Zeit, um an alle Orte zu reisen, die Spielorte anzusehen, Wege
abzugehen und mit historischen Karten zu vergleichen. Dort sammle ich
viele Eindrücke und Ideen für Szenen. Dann ist natürlich die
Archivarbeit sehr wichtig und das Gespräch mit Experten, meist
Historikern. Ich arbeite ganze Stapel von Büchern und Unterlagen durch,
um mir den historischen Background zu schaffen, in dem dann meine –
erfundenen oder real historischen – Figuren agieren. Doch selbst bei den
sogenannten Fantasybüchern wie die Vampirserie „Die Erben der Nacht“
gibt es einen realen historischen Hintergrund und echte Ort, sodass ich
auch hier monatelange Recherchen als Vorarbeit reinstecke, ehe ich das
Szenenbuch aufstelle, anhand dessen ich dann den Rohtext schreibe.
2.Heutzutage werden Autoren genauso in Schubladen gesteckt,
wie Schauspieler. Hat man sich mal in einem Genre etabliert, so ist es
schwer sich freizuschwimmen und auch andere Wege zu beschreiten. Sie
schaffen den Spagat, schreiben für unterschiedliche Zielgruppen und das
sehr erfolgreich. Kommt mit dem wachsenden Erfolg die Freiheit schreiben
zu dürfen, was einem gerade durch den Kopf geht, oder lassen Sie sich
grundsätzlich nicht in ihrem Schaffen einengen?
Das mit den Schubladen ist ein echtes Problem. Damit bin ich früh
konfrontiert worden. Meine ersten veröffentlichten Geschichten waren
historische Romane. Als ich dann mit einem Exposé für einen Vampirkrimi
kam, wollte der Verlag dies nicht unter meinem Namen verlegen, um das
Publikum nicht zu verwirren. Also musste ich die ersten beiden
Vampirkrimis „Der Duft des Blutes“ und „Feuer der Rache“ zuerst einmal
unter einem Pseudonym (Rike Speemann) herausbringen. Später habe ich
dann den Verlag gewechselt, da er mich zu sehr einengte. Die Philosophie
bei Random House, wo nun meine meisten Bücher erscheinen, ist eine
andere. Hier darf ich historische Romane schreiben, Jugendbücher und
Fantasy. Ich komme mit meinen Ideen und reiche Exposés ein, und bisher
hat der Verlag sie alle gekauft. Natürlich kommen Verlage auch mal mit
eigenen Ideen, doch ich würde so etwas nur dann annehmen, wenn ich Lust
auf das Thema habe und das Genre mir liegt. In die Geschichte selbst und
die Textarbeit lasse ich mir nicht reinreden, was ich aber auch nur
durchsetzen kann, solange ich mit meinen Büchern Erfolg habe. Die
Verlage sehen genau hin, womit sich Geld verdienen lässt und womit
nicht.
3.Sie beglücken Ihre Leserschaft mit vornehmlich historischen
Romanen, während ihre schriftstellerischen Ausflüge in die Jetztzeit
eher rar gesät sind. Was fasziniert Sie so sehr an der Vergangenheit?
Für mich sind Geschichten anderer Zeiten wie reisen in andere
Länder. Es ist aufregend, sich in andere Gesellschaften hineinzudenken.
Alles sah anders aus und funktionierte anders, es gab ein anderes Wissen
und Vorstellungen, die uns fremd sind. Dem auf den Grund zu gehen und
Details aus dem Alltagsleben früherer Zeiten zu erforschen und dem Leser
nahezubringen, fasziniert mich.
4.Was immer besonders hervorgehoben wird, sind ihre
detailgetreuen und historisch korrekten Schilderungen des Mittelalters
in ihren Büchern. Besuchen Sie die Schauplätze persönlich und sprechen
mit Experten der jeweiligen Zeitepoche?
Ja, das ist ganz wichtig. Die Experten geben mir Antworten und
Materialien, mit denen ich mir innerhalb weniger Wochen oder Monate eine
gute Basis erarbeiten kann. Rein anhand des Studiums von Quellen
bräuchte ich dazu Jahre! Außerdem muss ich die Spielorte sehen, riechen,
erfahren. Ich gehe die Wege ab, besuche die Orte und versetze mich
gedanklich in die Geschichte. Dann beginnen meine Figuren zu leben und
ich sehe die Szenen vor mir. Eigentlich muss ich Vieles dann nur noch
aufschreiben.
5.Ein Buch wird von den Lesern immer unterschiedlich
wahrgenommen. Was den einen zu Begeisterungsstürmen hinreißt, lässt den
nächsten den Kopf schütteln. Wie geht man als Autor mit negativen
Rezessionen um? (immer vorausgesetzt, dass sie auch sachlich formuliert
sind)
Sachliche Kritik ist in Ordnung. Wenn ich was daraus lernen und
es besser machen kann, super. Da habe ich nichts dagegen und nehme es
mir gern zu Herzen. Aber leider wird bei Rezessionen meist sehr
unsachlich geschrieben und es kommt vor, dass man beschimpft oder das
Buch unsachlich schlecht gemacht wird. Jeder kann seine Meinung haben,
bitte, aber manchen scheint es darum gar nicht zu gehen. Es gibt auch
Neid und Missgunst in der Branche. Ich jedenfalls lese nicht mehr alles,
was über meine Bücher geschrieben wird. Beleidigende Dinge bringen mich
nicht weiter, aber sie lassen mich auch nicht kalt und ziehen mich
runter. Man muss sich nicht alles antun. Anderseits ist es immer wieder
schön, sich mit Lob und Begeisterung der Leser aufzubauen und sich
selbst anzuspornen.
6.Wie lange schreiben Sie in der Regel an einem Roman?
Nach der Recherchezeit, für die ich mir maximal sechs Monate
nehme, schreibe ich ein Szenenbuch, in dem das Gerüst der Handlung in
einer Tabelle aufgeführt wird. Hier werden dann auch die historischen
Begebenheiten mit den von mir ausgedachten verknüpft. Dann beginne ich –
meist chronologisch – mit dem Rohtext. Zehn Seiten sind mein tägliches
Pensum, sodass ich ungefähr drei Monate daran arbeite. Danach kommt die
sprachliche Feinarbeit, bei der ich mir jeden Satz noch mal laut vorlese
und daran feile, dass er schön klingt und einen guten Sprachfluss hat.
Das dauert noch einmal bis zu drei Monaten, sodass nach maximal einem
Jahr das fertige Manuskript zum Verlag kann, wo es sich dann mein Lektor
genau ansieht.
7.Sie sind eine der wenigen deutschsprachigen Autorinnen, die
in Deutschland Fuß gefasst haben, da die Verlage meist auf bereits
bewährte und erfolgreiche Bücher aus dem Ausland zurückgreifen. Wie hoch
schätzen Sie heute noch die Chancen eines ausstrebenden jungen Autors
ein, der in deutscher Sprache spricht und schreibt? Setzt sich Talent
auf Dauer wirklich durch, wenn man nur genügend Willen und
Durchhaltekraft an den Tag legt?
Das ist ein sehr trauriges Thema. Zuallererst ist es ganz arg
schwierig überhaupt bei einem Verlag reinzukommen. Das geht heutzutage
nur über einen Literaturagenten, aber den zu finden ist auch nicht
leicht. Dann braucht man einen möglichst renommierten Verlag, der das
Buch so groß rausbringt, dass auch viele Buchhandlungen es bestellen und
vorrätig haben, denn nur dann kann man sich eine Leserschaft erobern.
Dass die Verkaufszahlen so groß werden, dass man dauerhaft davon leben
kann, passiert leider nicht so häufig. Nur etwa 5% der deutschen Autoren
gelingt das. Ich habe das Glück, seit zwölf Jahren das Schreiben als
Hauptberuf ausüben zu können. Der Autor ist leider das kleinste Rädchen
in der Verwertungskette und erhält pro Buch nur 5 – 10 % der
Verkaufspreises. Sie können sich also ausrechnen, wie viele Bücher
jährlich umgesetzt werden müssen. Und da die Konkurrenz aus dem Ausland
so groß ist, ist es ein harter Kampf. Man braucht also das Glück einen
Agenten und einen Verlag zu finden, die hinter einem stehen,
Buchhändler, die die Bücher den Kunden schmackhaft machen und eine
Leserschaft, die man nie enttäuschen darf. Ein schweres Geschäft. Ohne
Talent, Wille und Durchhaltekraft geht es nicht, aber leider sind diese
nur ein Teil für den Erfolg.
8.Der Büchermarkt wird von Neuerscheinungen überschwemmt. Vor
allem Bücher bzw. Ebooks im Selbstverlag erfreuen sich immer größerer
Beliebtheit. Was halten Sie von diesem Weg? Schadet es einem Autor
wirklich, wie manche behaupten, oder ist das heutzutage durchaus
legitim?
Legitim ist das, ja klar, doch ich glaube, für einen Newcomer ist
es keine virlversprechende Möglichkeit, bekannt zu werden. Große
Umsätze mit Ebooks und Selbstverlage haben vor allem die, die ihr
Publikum schon erobert haben. Alle anderen haben es schwer, Leser zu
fingen. Ich glaube, auch heute noch geht es erst einmal über die großen
Verlage und die Buchhandlungen, die dann auch Ebooks als eine weitere
Möglichkeit anbieten. So ganz allein sehe ich kaum eine Chance, sich
durchzusetzen. Ich würde es jedenfalls nicht versuchen. Allerdings
bieten meine Verlage meine neuen Bücher nun auch als Ebooks zusätzlich
an.
9.Könnten Sie sich vorstellen, dass mal eines Ihrer Bücher
verfilmt wird, oder stehen Sie so einer Idee eher mit gemischten
Gefühlen gegenüber?
Verfilmungen sind toll, vor allem weil sie die Bücher bekannter
machen und ein neues Publikum heranziehen. Ich habe einen Vertrag mit
einer Produktionsfirma, die „Die Erben der Nacht“ ins Kino bringen will.
Als erstes geht es um „Nosferas“ und ich hoffe, dass es da nächstes
Jahr richtig losgeht. Ich bin sehr auf die Dreharbeiten gespannt.
Natürlich muss man seine eigene Geschichte loslassen können und offen
für eine neue Version sein, die dann ein eigenes Werk ist. Wer auf eine
direkte Umsetzung hofft, der wird enttäuscht. Der Film hat seine eigenen
Gesetze, und das ist auch gut so.
10.Wenn Sie einen Nachmittag mit einer Person aus dem aktuellen Weltgeschehen verbringen dürften, wer hätte die Ehre?
Wenn ich eine Person der großen Politik kennenlernen dürfte,
würde ich Barack Obama wählen. Für mich ist er der sympathischste
Politiker, der sich ehrlich bemüht, sein Land voranzubringen, der aber
auch die schwerste Bürde trägt und mit unüberwindlichen Hindernissen
kämpft.
Aus dem Showbusiness würde ich Sean Connery wählen. Er ist für
mich der tollste Schauspieler, vor allem in seinen späten Rollen wie
„Der Name der Rose“, ein Buch, das ich sehr liebe, oder „Die Wiege der
Sonne“ und „The Rock“.
Das gesamte Leseweltteam bedankt sich recht herzlich für das tolle Interview!
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