Dienstag, 9. Oktober 2012

Michael Dissieux

Pünktlich zur Premiere seines zweiten Romans Schreie der Toten gibt es auch ein Interview mit dem Autor Michael Dissieux. Er hat mir einige knifflige Fragen beantwortet und wird euch auch gerne Rede und Antwort stehen, bei der Facebook Veranstaltung des Luzifer Verlags, die anlässlich der Veröffentlichung stattfindet. Um zwanzig Uhr geht es los.

Und nun kommen wir zum Interview:

1. Sie haben in Zusammenarbeit mit dem Luzifer Verlag  ihren vielgelobten Debutroman „Graues Land“ herausgebracht. Horror ist ja allgemein recht spärlich in den Buchhandlungen vertreten, von deutschsprachigen Autoren dieses Genres ganz zu schweigen. Glauben Sie, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird? Immerhin haben Sie ja hinlänglich bewiesen, dass auch deutsche Autoren spannende Romane schreiben können. 

Ich glaube nicht, dass das Horrorgenre ein Schattendasein fristet, lediglich deutschsprachige Autoren haben es auf diesem Sektor schwer, da die Leserschaft all die Jahre zu sehr von amerikanischen Schriftstellern verwöhnt worden ist. Man denke dabei nur an Brian Keene, David Moody und natürlich Stephen King. Aber ich denke, dass sich gerade in letzter Zeit viele gute und vielversprechende Autoren im Bereich Horror oder Dark Fantasy einen Namen gemacht haben, wie zum Beispiel Markus K. Korb, Andreas Gruber oder auch Markus Heitz. Das Horrorgenre findet weit mehr Beachtung, als noch vor einigen Jahren, sei es nun in Film- oder Buchform.

2. Das Schreiben betreiben Sie ja bisher nur nebenbei und arbeiten noch in Ihrem Hauptberuf als Busfahrer. Bleibt Ihnen noch Freizeit, die Sie für andere Aktivitäten nutzen können oder nimmt das Schreiben mittlerweile zu viel Raum ein?

Neben dem Job und dem Schreiben habe ich auch noch eine Lebensgefährtin, die natürlich auch einen Teil meiner Zeit für sich beansprucht. Es ist nicht immer leicht, die wenige Zeit auf diese drei Faktoren aufzuteilen, aber bisher habe ich das ganz gut gemeistert, auch wenn das Schreiben dabei leider oft zu kurz kommt. Der Traum, mein Hobby eines Tages zum Beruf zu machen, steht natürlich auf meiner Wunschliste ganz oben. Aber, wie bereits erwähnt, als deutschsprachiger Autor hat man es schwer, daher wird dieser Wunsch wohl so schnell nicht zu erfüllen sein.

3. „Graues Land“ wurde beim Vincent Preis als bester Roman nominiert und sie hatten die Ehre den dritten Rang zu erzielen. Was geht einem in so einem Augenblick durch den Kopf?

Ganz ehrlich? Im Moment der Preisübergabe habe ich gar nichts gedacht. Ich war wie betäubt, alles ist wie ein Traum an mir vorbeigezogen. Erst Tage später, wenn man in Gedanken alles Revue passieren lässt, merkt man erst, wie geil dieser Moment gewesen ist. Und man ärgert sich, dass man keine besseren Worte bei der Dankesrede gefunden hat, wie zum Beispiel meinem Verleger zu danken, der mit einem neuen, unbekannten Autor ein großes Wagnis eingegangen ist, und natürlich auch meiner Lebenspartnerin, die mein härtester Kritiker ist und meine Geschichte erbarmungslos lektoriert hat.

4. „Schreie der TotenSo nennt sich der Nachfolgeroman von Graues Land. Wird es ein Wiedersehen mit liebgewonnen Figuren geben, oder wird die Fortsetzung mit komplett neuen Charakteren aufwarten? Immerhin ist das Schicksal von einigen noch unklar.

Zu viel verraten will ich natürlich nicht. Aber einige vertraute Charaktere tauchen wieder auf, während man auch neue Personen kennenlernt. Zum Inhalt sei so viel verraten, dass „Schreie der Toten“ nicht ganz so ruhig ablaufen wird wie „Graues Land“. Einige Leser haben sich an der stillen Atmosphäre des Romanes gestört, also dachte ich mir, dass ich in der Fortsetzung ein klein wenig mehr `Action´ einbauen will, wobei ich aber nicht auf meine atmosphärischen Beschreibungen sowie die Strukturierung meiner Charaktere verzichten wollte. Ich persönlich lege auf diese Dinge sehr viel Wert, sowohl beim Lesen wie auch beim Schreiben. Mein Motto in dieser Hinsicht lautet „Ich schreibe so, wie ich es selbst gerne lesen würde“. Lasst Euch einfach überraschen.

5. In ihrem Buch wird ähnlich wie in Robert Kirkmans Comicbuch-Reihe „The Walking Dead“ nicht näher darauf eingegangen, warum sich die Menschen zu diesen Monstern entwickeln. Werden Sie das Geheimnis um die Shogotten, wie Harvey diese Wesen genannt hat, irgendwann lüften oder bleibt das der Fantasie der Leser überlassen?

Das habe ich in „Graues Land“ absichtlich nicht näher erläutert. Zum einen soll der Leser sich seine eigenen Gedanken machen, und zum anderen erzählt ja Harvey die komplette Geschichte. Und Harvey weiß selbst nicht, was genau geschehen ist, nur, was er im Fernsehen mitbekommen hat. Und ich konnte nur das aufschreiben, was Harvey mir verraten hat.

6. Sie sind ein bekennender Fan von H.P. Lovecraft und Stephen King. Letzterer sagt Ihnen aber wohl nicht mehr ganz so zu, wie Sie in einem anderen Interview erwähnt haben. Ist er Ihnen zu kommerziell geworden oder hat sich Ihre Wahrnehmung auf Bücher und deren Inhalte verändert?

Stephen King hat mich durch meine Jugend begleitet. Zu Anfang habe ich sogar seinen Stil kopiert und hatte ihn zu meinem großen Vorbild erkoren. Ich wollte eines Tages ein deutscher Stephen King sein. Aber ich muss gestehen, dass ich seine Bücher im Laufe der Jahre immer schlechter fand. Ob es nun an den Geschichten von King lag oder einfach an meiner eigenen Entwicklung, sei dahingestellt. Aber seine neueren Romane reichen an Klassiker wie „Shining“ oder „Es“ nicht mehr heran. Ich hatte damit begonnen mich anderen Autoren zuzuwenden, entdeckte Lovecraft, Clive Barker, Greg F. Gifune und die bereits erwähnten Brian Keene und David Moody. Lovecraft hat natürlich einen ganz anderen Stil wie King, der mich aber vom ersten Satz an fasziniert hat. Für mich ist Lovecraft der unumstrittene König des Horrors. Auch Moody oder Keene schreiben anders als King. Ihre Sprache ist direkter und schlichter, und ich denke, auf ihre Art schaffen sie es, das Grauen ihrer Geschichten sogar noch besser zu vermitteln wie Stephen King.

7. Männer oder Frauen. Wer schreibt die besseren Horrorromane?

Die Frage ist gemein, denn mit einem von beiden Parteien verscherzt man es sich mit einer Antwort. Fakt ist, dass die Frauenquote im Bereich Horror recht gering ist. Ich habe Susan Beth Pfeffer gelesen und auch Roisin Fallon, dazu Astrid Pfister, eine ebenfalls aufstrebende, junge Autorin. Alle drei haben mir sehr gut gefallen. Aber die Mehrzahl unheimlicher Romane stammt nun einmal aus der Feder männlicher Autoren. Zu sagen, wer bessere Romane schreibt, wäre vermessen und ungerecht.

8. Sie waren dieses Jahr auf der Marburg Con und haben dort auch ihre erste Lesung gehalten. Eine Erfahrung die sie gerne so bald als möglich wiederholen möchten, oder hat Sie das Überwindung gekostet?

Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, da ich eher der zurückhaltende Typ bin, der sich gerne außerhalb des Lichtkreises aufhält. Ich schreibe lieber, anstatt vorzulesen. Aber im Gewebe eines Autors kommt man um Lesungen nun mal nicht herum, daher werden noch weitere folgen. Vielleicht gewöhne ich mich auch irgendwann an den Trubel. Noch kommt mir ohnehin alles wie ein großer Traum vor. Ich hoffe nur, dass ich nicht so schnell aufwachen muss.

9. Lesen Sie privat ebenfalls nur Horror oder unternehmen Sie auch Ausflüge in andere Genres?

Es ist seltsam, dass Sie das gerade jetzt fragen, denn bis vor Kurzem habe ich zum größten Teil Horror gelesen. Ab und zu lese ich Dokumentationen und Augenzeugenberichte über die Judenverfolgung im Dritten Reich, da mich das Thema sehr interessiert und ich dadurch auch einige Geschichten zu dem Thema geschrieben habe. In letzter Zeit bin ich dem Horror allerdings etwas untreu geworden, da ich die Romane von Joe Lansdale für mich entdeckt habe. Lansdale schreibt keinen Horror, sondern Geschichten vom Erwachsenwerden, von Gewalt und Diskriminierung zu Zeiten der Rassentrennung. Er ist für mich der perfekte Geschichtenerzähler. Man hat bei ihm stets das Gefühl mit ihm am Lagerfeuer zu sitzen und seinen Geschichten zu lauschen. Aber zu 90 % bleibe ich dem Horror treu, gerade jetzt, wo Größen dieses Genres wie Bryan Smith oder Edward Lee den deutschen Markt erobern.

10. Wenn Sie einen Nachmittag mit einer Person aus dem aktuellen Weltgeschehen verbringen dürften, wer hätte da die Ehre?

Da fällt mir spontan meine Lebenspartnerin ein, da unsere Freizeit, besonders durch den Job als Busfahrer, oft zu kurz kommt.
Wenn es eine Berühmtheit sein sollte, würde ich den oben genannten Joe Lansdale gerne einmal kennenlernen und ihn fragen, wie er es schafft, so perfekt zu schreiben.


Das gesamte Lesewelt-Team bedankt sich für das tolle Interview.

Karin, Tasha und Vivian

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